Hallöchen,

nach einer über einen Monat währenden Pause dachte ich mir, dass es gut sei, mich wieder einmal zu melden. Heute war ein relaxter Samstag, an dem ich zunächst einmal bis 10:00 Uhr ausschlief, duschte, einkaufte, frühstückte und mich schließlich auf den Weg zur Uni machte. Halt. Warum gehe ich am Samstag in die Uni? Die Antwort auf diese Frage erklärt auch die längere Blogopause.

Es geht nun nämlich auf das Ende des Trimesters zu, was bekanntermaßen auch an deutschen Universitäten zu einer gesteigerten Geschäftigkeit der Studenten führt. Anders als das dresdner Informatikstudium ist das hiesige aber mit wörtlich fortlaufenden Bewertungen verbunden: Kurztests, Hausaufgaben und kleine Projekte. Das ist fast so schlimm wie in der Schule. Ich habe also in den letzten Wochen schon einige Kurztests geschrieben und, was zeitintensiver war, mich auch darauf vorbereitet. Daneben nehmen die sechs über das Trimester verteilten Advanced-Topics-in-Combinatorics Hausaufgaben eine gute Portion meiner Zeit in Anspruch. Ich bearbeitete den Lexerteil des Miniprojekts für Compiler-Bau. Und diesen Samstag nun zwei Aufgaben in Matlab für maschinelles Lernen. Und da Matlab ein böses, kommerzielles, proprietäres Produkt ist, was zwar glücklicherweise unter Linux läuft, aber nur auf den Unirechnern zur Verfügung steht, musste ich diese Aufgabe wohl oder übel in der Uni erledigen. Die Vorurteile bestätigten sich: Unter KDE stürzte Matlab prompt ab, unter Gnome funtionierte es halbwegs, wenn auch furchtbar träge. Und überhaupt kommt die Sprache ungetypt daher, was vollends verwerflich ist.

Im letzten Eintrag dieses Blogs deutete ich an, nun individuell, vom Professor betreut, selbständig ein Themengebiet zu studieren. (An die Grammatiknazis: Ist die mit Kommata getrennte Aufzählung von Adverbien im letzten Satz korrekt?) Ich beschäftige mich nun mit Datentypgenerischer Programmierung. In diesem Gebiet sollen Programme auf verschieden geformte Datentypen anwendbar sein, z. B. auf Listen oder Bäume oder verschachtelte, rekursive Recordstrukturen. Noch allgemeiner: Programme sollen auf alle Datentypen, die polymorph zu einer Repräsentation aus Summen, Produkten, Unit und Basistypen sind, anwendbar sein. Dies verlangt einer Programmiersprache eine große Ausdrucksstärke ab, so dass, obwohl einige Konzepte nach und nach in populären Sprachen Einzug erhalten, vorrangig funtionale Sprachen wie Haskell oder Scala zum Einsatzt kommen. Wer aufmerksam mitliest wird sich daran erinnern, dass mir die Beschäftigung mit Haskell viel Freude bereitet — gerne habe ich beispielweise diesen Aufsatzt von Jeremy Gibbons gelesen, in dem ich den Sinn der Applicative Typklasse erstmals näher verstanden habe. Aber auch Simon Peyton Jones’ Paper zur ST Monade aus dem Jahr 1993 zeigte mir sehr eindrücklich, wie sich ein Problem formal elegant lösen lässt. (Rank2Types!)

Ogwen, Wales

Ich, sichernd.
Ich, sichernd.

Llyn Idwal.
Llyn Idwal.

Genug der Fachsimplei die eh kaum einer versteht. Neben gesteigerten Arbeitsaufwendungen für das Studium war ich auch zwei mal mit der UBMC zum Klettern auf Wochendendausflügen. Der erste Ausflug führte uns nach Wales an den Llyn Ogwen in eine schöne Hütte des British Mountaineering Clubs als dessen Mitglied ich mich bezeichnen darf. Es war das Wochenende vor dem schlimmen Sturm — manch einer erinnert sich vielleicht noch — aber als wir kletterten war es noch recht gemäßigt. Am Samstag stieg ich mit Adam und Megan zum Llyn Idwal auf, wo wir eine schöne Mehrlängen-Route (was im englischen übrigens „multi pitch“ genannt wird) durchführten.

Megan im Vorstieg.
Megan im Vorstieg.

Wieder war der Fels natürlich nicht übermäßig trocken und der Schwierigkeitsgrad hielt sich entsprechend in Grenzen. Als wir einige Stunden später wieder Fuß des Felsens ankamen, hatte wohl ein Schaf Adams Proviant verzehrt, so dass wir uns schnell auf den Rückweg zur Hütte machten. Nach kurzem Kräftetanken gingen wir in anderer Konstellation unweit der Hütte noch einmal klettern. Das Wetter schien zunächst gut, so dass ich den Fehler beging, ohne wasserdichte Hose loszuklettern. Da die Route zwei Längen eines sehr kurzen Seiles maß und es während der zweiten Seilkürze zu regnen begann, wurden wir alle sehr nass. Nach dem Abstiel liefen kleine Bäche den geneigten Fels hinunter und schlängelten sich zwischen den Rucksäcken am Fuße des Felsens hindurch. Zum Glück war der Rückweg nicht lang und verdiente der Trockenraum der Hütte seinen Namen.

Am Abend gab es einige Geschicklichkeitswettbewerbe, wie „Face your Fear”, “umklettere eine Bank ohne den Boden zu berühren oder die Bank umzuschmeißen” oder „hebe eine Müslischachtel mit dem Mund auf, wobei nur die Füße den Boden berühren dürfen und die Schachtel fortwährend kleiner wird“. Anschließend wurde das Trinkspiel „Never have you ever…“ gespielt und gegen Mitternacht zum Teil nackt im gefühlt gletscherseekalten Llyn Ogwen gebadet.

Kamin.
Kamin.

Da die Vorboten des Sturmes in Form von schlechter werdendem Wetter näher kamen, kletterten wir am Sonntag nicht richtig. Wir teilten uns in eine Indoor-, eine Wander-, eine Klettersteig- und eine Kaminkletterfraktion auf, wobei ich letzterer angehörte, um doch möglichst viel Felskletterei mitzunehmen. Der Kamin war eng und nass und in den meißten Kletterführern eine Schlechtwetterempfehlung — also gut besucht. Mit der Rückkehr zur Hütte und längerer Autofahrt nach Birmingham endete das Wochende.

Low House, The Lake District

Zwei Wochen später folgte der weitreichendste Ausflug in den Lake District, eine mit tiefen Seen durchzogene Berglandschaft im Nordosten Englands. Gegen 11:00 Uhr erreichten wir am Freitag Abend das BMC Quartier in Coniston. Der Abend war nicht mehr übermäßig lang, am nächsten Morgen sollte es schließlich früh losgehen. Nach dem typisch deftigen, englischen Frühstück fuhren wir in ein nahegelegenes Tal um am Raven Crag und Black Crag zu klettern. Die erste Neuerung war trockener Fels. Es war also möglich eine etwas anspruchsvollere Mehrlängenroute durchzuführen, bei der Henry vor- und Joe und ich nachstiegen. Die Schlüsselstellen waren beide im Bereich eines Risses und eine wird auf dem nebenstehenden Bild gerade von Henry durchstiegen.

Henry in der Schlüsselstelle.
Henry in der Schlüsselstelle.

Da es auf der letzten, weniger schweren Seillänge begann zu hageln und sich ein Mitglied der Gruppe verstiegen hatte, kletterten wir an diesem Tag nicht weiter und einige der erfahreneren Clubmitglieder organisierten die Rettung.

Am Abend wurde der Geburtstag von Dan dem Club Presidenten mit viel Alkohol gefeiert. Wenn es um Alkohol geht, scheinen die Briten das Motto „Alles oder Nichts!“ zu haben, jedenfalls habe ich bisher noch nicht das gepflegte Bier am Abend erlebt. So gab es an diesem Abend dann auch die „Three Pint Challenge“: drei Pint (568 ml) in drei Minuten. Es ist gestattet zwischenzeitlich zu erbrechen. Im Laufe des Abends kamen wir auch noch in ein Pub mit Klavier, wo alle spielenden Clubmitglieder mal etwas zum Besten gaben, so dass ich auch mal wieder die Möglichkeit hatte, meine Finger anderweitig zu benutzen.

Adam, vorsteigend.
Adam, vorsteigend.

Der nächste Tag begann naturgemäß etwas später aber war dafür umso sonniger. Es war überhaupt mein bisher einziger sonniger Outdoorklettertag im Vereinigten Königreich. Wir kletterten wieder im gleichen Gebiet aber in anderen Gruppen. Ich war mit Adam und Nathan auf einer netten Mehrlängenroute unterwegs. Zum Schluss lagen wir noch in der Sonne und versuchten etwas Vitamin D zu generieren.

Sonnenschein.
Sonnenschein.

Der letzte große Zeitdieb war der temporal zwischen den beiden zuvor geschilderten Kletterwochenenden gelegene Besuch meiner Eltern und meiner kleinen Schwester. Zusammen erkundeten wir einige Seiten von Birmingham und testeten das vegane Angebot verschiedene Restaurants aus. Da meine Eltern fotographierten unterließ ich selbiges.

Ich hoffe dass für alle Lesende etwas interessantes dabei war und verabschiede mich bis zum nächsten mal.

Kilian

Noch einige Heiterkeiten:

http://verben.texttheater.net/Startseite

https://twitter.com/NeinQuarterly