Recht spontan entstant bei mir Ende Juli der Wunsch, zeitnah Urlaub in den Alpen zu machen. Wegen einer Fingerverletzung, kam Klettern nicht in Frage – stattdessen war klar, dass in der Kürze der Zeit eine Hüttentour die naheliegendste Option war. Schon länger wollte ich zudem mal eine Alpenquerungen machen. Die offensichtliche Idee war also, Anfang August eine Woche frei zu nehmen und einfach loszulegen. Zwei Tage später traf ich bei einer Familienfeier meine Cousins, welche erzählten, dass sie das nächste Wochenende in die Alpen fahren wollen. Sofort fiel der Entschluss, dass ich mich daran anschließe – und anschließend allein weiterlaufe.

Zuerst war die Idee während des gemeinsamen Wochenendes den Heilbronner Höhenweg zu gehen. Da aber die Rappenseehütte schon völlig ausgebucht war (und der Heilbronner Höhenweg am Wochenende sehr überlaufen ist) änderten wir unseren Plan (bzw. so einen richtigen Plan hatten wir noch gar nicht, als wir Samstag Mittags in Oberstdorf losliefen.)

Die jetzt beschriebene Tour, insbesondere die Etappen 4 und 6–9, erfordert ein erhöhtes Maß an Ausdauer, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit – Nachahmen auf eigene Gefahr. Die Tour dauert 10 Tage. Es werden (einschließlich der Abstecher zu lohnenswerten Gipeln) insgesamt 165km Strecke, 14.686 Höhenmeter Anstieg und 13.536 Höhenmeter Abstieg zurückgelegt.

1. Tag: Oberstdorf – Prinz-Luitpold-Haus

(Zeit: etwa 7,5 Stunden). [Alpenverein Aktiv]

Aufstieg von Oberstdorf über die Seealpe zum Edmund-Probst-Haus. Der Anstieg hierher führt über eine sehr steile, asphaltierte Straße und ist sehr unangenehm. Wenn man Zeit hat, ist es besser einen alternativen Weg zu wählen. Dann weiter zum Prinz-Luitpold-Haus den Ausschilderungen folgend. Dieser Weg ist sehr schön, stellenweise ausgesetzt, und auch, wenn man eigentlich schon „oben“ ist, müssen noch mal einige Höhenmeter gemacht werden.

2. Tag: Prinz-Luitpold-Haus – Kemptner Hütte

Auf dem Kammweg

Panorama über die Algäuer Alpen auf dem Kammweg

Etwa 9 Stunden (wir brauchten 10, da wir viele Pausen gemacht haben). [Alpenverein Aktiv]

Vom Prinz-Luitpold-Haus der Ausschilderung Richtung Kemptner Hütte folgen. Dabei laufen wir zunächst für eine knappe Stunde den Weg zurück über den wir am Vortag gekommen sind, bevor wir zum Himmelecksattel abzweigen. Das Hochtal bis zum Sattel ist schön und wild. Am Sattel hat man einen sehr schöner Blick auf den Höfats. Anschließend geht es über die Wildenfeldhütte zu einem Kammweg über das Rauheck und Kreuzeck. Hier erwartet uns ein wunderbares Panorama in alle Himmelsrichtungen. Am Ende geht es durch ein Geröllfeld zum Fürschießersattel und weiter zur Kemptner Hütte. Den Kammweg sollte man bei Gewitter meiden – mehrere Tafeln zeugen von Vom-Blitz-Getroffenen. Überhaupt sollte man möglichst trocken zur Kemptner Hütte kommen, da deren Trockenraum seinen Namen nicht verdient.

3. Tag: Kemptner Hütte – Frederik-Simms-Hütte

Blick ins Lechtal

Blick ins Lechtal

(Zeit: etwa 7 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Ab hier folge ich dem E5. Quatsch, auf dem E5 sind so viele Bergwandernde unterwegs, insbesondere geführte Gruppen, dass ich, sobald ich Holzgau erreiche, das Weite suche. Ich gehe auch nicht auf die Hängebrücke und kletter auch nicht auf dem Klettersteig über dem Wasserfall. Stattdessen gehe ich ins Sulztal (hier anfangs unbedingt den Trampelpfaden folgen, welche den Fahrweg abschneiden). Später geht es (auf dem Fahrweg) durch aufwendig in den Berg gehauene Tunnel hindurch. Auf der Sulzalm gibt es sehr viele Schmetterlinge, aber man merkt ihr die Langwirtschafliche Nutzung doch recht deutlich an. Die Frederik-Simms-Hütte sieht man sehr früh, man braucht dann aber demotivierender Weise noch zwei Stunden bis man wirklich da ist. Oben angekommen, kann man einen Fußmarsch von etwa 10 Minuten unternehmen, um sich im Bach (mit kleinen Kesseln und Becken) zu erfrischen. Abends spielt Charlie (der Hüttenwirt) wenn man Glück hat auf der Zitter.

4. Tag: Frederik-Simms-Hütte – Kaiserjochhaus

Ausblick von der Feuerspitze

Ausblick von der Feuerspitze

(Zeit: etwa 7 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Morgens direkt 500 Höhenmeter Aufstieg zum Kälberlahnzugjoch. Weil ich dann noch nicht genug habe, gehe ich noch weiter auf die Feuerspitze (2.852m). Dafür kann man den angeschriebenen Weg über das Stierlahnzugjoch folgen, oder man geht schon etwas eher durch ein Geröllfeld nach oben (hier ist eine Skitour auf der Kompass-Karte eingezeichnet). Im letzteren Fall sollte man sehr vorsichtig sein möglichst keine Steine lostreten, da der Wanderweg dieses Geröllfeld quert. Die Feuerspitze ist der zweithöchste Gipfel der näheren Umgebung (für den höchsten kann man auch die etwas schwierigere Wetterspitze besteigen) und bietet einen guten Ausblick. Absteigend (über den Normalweg) gehe ich aufs Stierlahnzugjoch und über den Notabstieg Richtung Kaisers weiter. Am Klämmle kommt eine kurze seilversicherte Kletterei. Es geht weiter (auf schwarzen Wegen) oberhalb des Hintersees entlang bis zur Kridlonscharte (hier werden auch noch mal kurz die Hände benötigt – alles ist gut mit Stahlseil versichert). Unterhalb des Grießkopfes folgt nochmal ein anspruchsvolles Stück, wo man auf einer relativ steil abfallenden Flanke entlang läuft. Das Kaiserjochhaus ist modern hergerichtet, es gibt eine schöne warme Dusche. Da hier auch der E4 vorbeiführt und z.T. auch geführte E5 Gruppen hierher ausweichen, lohnt es sich zu reservieren.

5. Tag: Kaiserjochhaus – Edmund-Graf-Hütte

Gipfelfoto auf dem Hohen Riffler

Gipfelfoto auf dem Hohen Riffler

(Zeit: etwa 6 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Heute ist ein Ruhetag, die Tour ist kurz; es müssen trotzdem etwa 1.100 Meter ab- und 1200m aufgestiegen werden. Also: Abstieg nach Pettneu. Anschließend Aufstieg ins Malfontal über die Malfonalm. Das letzte Stück ist recht steil; der Weg führt an Felsen mit eingebohrten Sportkletterrouten vorbei und folgt der Materialseilbahn zur Edmund-Graf-Hütte (2.404m). Wer früh da ist und keinen Pausentag braucht, kann mit leichtem Gepäck noch zum Hohen Riffler (3.168m) aufsteigen. Hier hat man einen schönen Weitblick in alle Himmelsrichtungen. Insbesondere das schöne Verwall sollte man gut angucken denn am nächsten Tag geht es schon wieder weiter.

6. Tag: Edmund-Graf-Hütte – Hexenseehütte

Steinböcke am Kapplerjoch

Steinböcke am Kapplerjoch

(Zeit: etwa 9,5 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Aufstieg zum Kapplerjoch (2.672m). Wenn man früh dran ist und Glück hat, gibt es hier Steinböcke zu sehen. Es folgt ein langer Abstieg durch ein schönes, wildes Tal, an Bergseen vorbei, bis in den Almbereich. Weiter absteigen bis nach Kappl. Genauer gesagt, habe ich bei der Bushaltestelle Kappl Ahlesbrücke die Trisanna überquert, und bin von da wieder aufgestiegen. Ab hier bin ich etwas höher gelegenen Fahr-und Forstwegen gefolgt bis ich zum Istalanztal gelangt bin. (Diese Querung hat mit etwa zwei Stunden länger gedauert als geplant; vermutlich ist es besser sich beim Abstieg vom Kappler Joch frühzeitig Richtung See zu orientieren, und direkt von dort ins Istalanztal aufzustiegen.) Auf etwa 1700m beginnt ein sehr schönen Pfad am Fluss entlang, der bald in eine weglose aber markierte Route übergeht die bis zum, am Ende recht steilen, Masnerjoch (2685m) führt (Trittsicherheit und Schwindelfreiheit notwendig).

Das Masner Joch

Das Masner Joch

Von hier geht es am Hexensee vorbei bis zur Hexenseehütte. Es waren nur fünf unangemeldete Übernachtungsgäste hier. Die Skihütte ist sehr gut ausgestattet (sogar warmes Duschen und WLAN ist inklusive) aber das Ambiente mit Liften und Skipisten ist nur bedingt einladend.

7. Tag: Hexenseehütte – Hohenzollernhaus

Das Hohenzollernhaus

Das Hohenzollernhaus

(Zeit: etwa 8 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Abstieg von der Hexenseehütte ins Masnertal. Man verlässt schon bald das Skigebiet und es ist schlagartig sehr wild und schön. Zwischenzeitlich waren die schmalen Wege von Kühen die hier offensichtlich langliefen recht matschig. Unterhalb der Baumgrenze wird es noch einmal sehr schön aber trittsicherheit ist gefragt. Der Weg ist steil und schmal, man geht auf einem exponierten Stück zwischen zwei Flüssen und bald wieder an einem steilen Hang. Für kurze Zeit folgt man Fahrwegen, bis man auf dem alten Weg nach Pfunds absteigt. In Pfunds kann man einkaufen, aber Achtung: die Supermärkte (Billa, MPreis) in Stuben haben auch Mittags offen, während der Spar in der Nähe der Kirche in Pfunds eine Mittagspause hat. Nun geht es durchs Radurschltal wieder bergauf. Anfangs entlang des schönen Klammsteigs. Später recht lange auf öffentlich befahrbaren Fahrwegen. (Hier kann man wohl auch gut trampen, aber das wäre gegen die Weitwandererehre.) Nach einem kurzen steilen Endanstieg erreicht man das Hohenzollernhaus.

8. Tag: Hohenzollernhaus – Weißkugelhütte

Radurschlscharte

Radurschlscharte

(Zeit: etwa 7,5 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Von der Hohenzollernhütte steigt man, an der Zollhütte vorbei, weiter im Tal auf. Hier grasen im Sommer Kühe und Schafe. Irgendwann verlässt man den Weg Richtung Süden und folgt den Markierungen weglos zur Radurschlscharte. Ab hier ist man auf südtiroler Grund. Es geht bergab über einen sonderbar breit prärarierten Weg, den man bald zugunsten eines schönen Höhenweges verlassen kann, welcher sich nach Osten den Hang entlang schlängelt. Bevor man den Melagerbach über einen kleinen Steg überquert, steigt man 250 Meter ab, um diese, einem Höhenweg folgend, wieder aufzusteigen, bis man die Weißkugelhütte erreicht. (Es ist nicht klar ob diese Hütte in der nächsten Saison noch in dieser Form an diesem Ort existiert. Die Hütte gehört dem Land Südtirol und ist keine Alpenvereinshütte. Sie ist entsprechend etwas teurer (Halbpension im Lager: 50 Euro, 1l Teewasser: 6 Euro, 1l Tee: 7 Euro.)

9. Tag: Weißkugelhütte – Oberetteshütte

Planeilscharte

Planeilscharte

(Zeit: etwa 7 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Ich laufe ein Stück Richtung Fernerzunge, nur um anschließend dem Gletscherlehrpfad auf der gegenüberliegenden Talseite ein Stück ins Tal zu folgen. Auf Anraten des Wirts verlasse ich etwa auf Höhe der Weißkugelhütte (aber gegenüber) den Weg und quere über Wiesen (bzw. schlecht markierten Pfaden folgend) auf gleicher Höhe Richtung Westen bis ich auf den Weg stoße, der von der Melager Alm Richtung Planeilscharte führt. (Da dieses Querfeldein auch mit einigen Höhenmetern verbunden ist, bin nicht sicher ob sich zeitlich und kräftemäßig wirklich auszahlt.) Nach kurzer Zeit verzweigt sich der Weg. Ich steige zur Planeilscharte (3.090m) auf, was ab dem Gabelpunkt etwa 600 Höhenmeter sind. Das letzte Stück ist sehr steil. Ich konnte hier aber auch einen Steinbock und Gämsen aus wenigen Metern Entfernung sehen. Von der Planeilscharte quere ich überwiegend weglos aber markiert unter dem Roten Kopf und der Freibrunner Spitze zum Matscher Joch (3.185m).

Traverse von der Planeilscharte zum Matscher Joch mit Blick auf den Planeilferner

Traverse von der Planeilscharte zum Matscher Joch mit Blick auf den Planeilferner

Hierbei überquert man teilweise den Planeilferner auf einer sehr dicken Geröllschicht (man merkt kaum, dass Eis darunter ist) bzw. läuft an zwei wenige Meter kurzen Stücken zwischen Fels und Eis am oberen Randspalt entlang. Eisausrüstung war nicht erforderlich. Am Ende kommt man an einem vielleicht 50m breiten und sehr ebenen Sattelpunkt mit zwei wunderschönen Bergseen heraus.

Matscher Ferner

Matscher Ferner

Anschließend steigt man ins Matscher Tal ab. Recht bald gelangt man zu einer Gabelung wo man entweder dem Höhenweg bis an den Matscher Ferner weiter zur Oberetteshütte folgen kann (dieser Weg enthält leichte Kletterpassagen (I-II), die im Regen durch kleine entgegenkommende Bäche erschwert werden, und die potentiell schwierige Überquerung des Gletscherbachs (ich bin an der mit knapp zwei Meter schmalsten Stelle drübergesprungen). Zwischenzeitlich ist leider auch die Markierung des Wegs nicht besonders gut. Die letzen Meter führen über ein schönes Hochplateau mit wunderbarer Aussicht nach Südwesten.

Alternativ steigt man Richtung Klamm weiter ab, und von hier wieder auf zur Oberetteshütte. Die Hütte gehört dem Alpenverein Südtirol. Edwin, der Hüttenwirt, ist sehr nett; der Trockenraum ist Ok.

Kurze Anmerkung: Diese Etappe sollte man nicht wie ich alleine gehen, da sie vermutlich die anspruchsvollste der ganzen Tour ist und wenn es gut kommt, nur alle zwei, drei Tage jemand über das Matscher Joch geht. Im Notfall hat man also ein Problem (oder bald keines mehr). Ebenfalls ist es keine gute Idee wie ich bei schlechtem Wetter (Regen, Gewitter) auf der Querung zwischen Planailscharte und Matscher Joch unterwegs zu sein.

10. Tag: Oberetteshütte – Kurzras

Auf der Südlichen Schwemser Spitze mit Blick auf die Weißkugel

Auf der Südlichen Schwemser Spitze mit Blick auf die Weißkugel

(Zeit: 4 Stunden, mit Abstecher zur südlichen Schwemser Spitze 5 Stunden) [Alpenverein Aktiv]

Aufstieg Richtung Bildstöckljoch. Auf etwa 3000m beginnt ein kleines Hochplateau. Hier hat man die Möglichkeit Richtung Norden zur Südlichen Schwemser Spitze (3.296m) aufzusteigen (dies war höchste Punkt meiner Tour – sonst wäre es das Matscher Joch). Wieder hat hat man einen guten Blick: zur Weißkugel, aber man kann bei guter Sicht auch diverse Gebirgszüge der Umgebung sehen, z.B. die Berninagruppe. Absteigend kann man direkt den Grat Richtung Bildstöckljoch (3.097m) folgen, und von dort weiter ins Schnalstal absteigen. (Hier sind leider viele Spuren des Skitourismus zu sehen.) Stündlich fahren Busse Richtung Naturns, von wo man mit dem Zug nach Meran fahren kann. (Das dauert insgesamt etwa 1,5 Stunden und kostest um die 6 Euro.)